Pioniergeist in Krisenzeiten

1920er–1940er

Karl W. Müller an seinem Schreibtisch in Esslingen

Angetrieben von seinem Erfindergeist und seiner großen Leidenschaft für Motoren – in wirtschaftlich extremen Zeiten – fasste Karl W. Müller im Alter von 34 Jahren den Mut, seine sichere Anstellung als Rechtsanwaltsanwärter aufzugeben. Mit nichts als einer Schreibmaschine wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Er war überzeugt, in der herrschenden Mangelwirtschaft mit seinen Ideen und Erfindungen einen echten Beitrag zum technischen Fortschritt leisten zu können: Motoren für die Welt!

So folgte am 15.10.1924 die Eintragung der Elektror-Motoren-Handelsgesellschaft in Esslingen am Neckar. Das Geschäft ist mühsam und die vorhandenen Mittel schmelzen unter der dramatischen Geldentwertung dahin.

Elektrische Antriebe, ca. 1930er
Luftabsaugungseinheit für eine Dentalmaschine
Anfachgebläse, 30er Jahre
Nähmaschinenmotor, ca. 1938

Trotz Inflation und heraufziehender Weltwirtschaftskrise wagt Karl W. Müller 1925 den Schritt in die eigene Motorenproduktion. In der Anfangszeit konzentrierte er sich auf verschiedenste Motoren, die er mit seinem kleinen Team selbst entwickelte. So wurden in den 20er und 30er Jahren zunächst verschiedenste Spezialmotoren entwickelt. Darunter z. B. Nähmaschinenmotoren, Rüttelmotoren, Motoren für die Schuhherstellung. Er war immer auf der Suche nach interessanten Anwendungen für seine Motoren. Dabei konzentrierte er sich auf zukunftsträchtige Nischen.

Das Stammhaus in Esslingen

1935 hatte sich Elektror längst etabliert und war bereit, in größere Räumlichkeiten in Esslingen umzuziehen. Ein deutliches Zeichen für Wachstum und Ehrgeiz. Neben elektrischen Einzelantrieben standen nun die ersten Absaug- und Anfachgebläse im Mittelpunkt. Mit unternehmerischem Gespür entschloss er sich frühzeitig, die Voraussetzungen für die Zertifizierung genormter Sirenen durch das Amt für Zivilschutz zu schaffen. Es entstand die erste Serienbaureihe, die den Grundstein für die weitere Ausrichtung des Unternehmens auf die Lufttechnik legte. Von nun an konzentrierte man sich auf die elektrisch betriebene Ventilatorentechnik und den Ausbau des Produktportfolios.

Erstes Elektror Firmenlogo
Elektror Motoren an erster Ventilatorreihe, ca. 1930

1942 wird ein Teil der Produktion ins badische Waghäusel verlagert. Dort wird eine ehemalige Zigarrenfabrik genutzt und den Produktionsbedürfnissen angepasst. In den Kriegsjahren besteht ein großer Bedarf an Elektror-Luftschutzsirenen und Bunkerlüftern. An den Produktionsstandorten Esslingen und Waghäusel werden nun Sirenen in großen Stückzahlen hergestellt. Schon damals höchster Produktqualität verpflichtet, werden alle Produkte vor der Auslieferung ausgiebig getestet. Auch mit Schallschutzkabinen war das „Lied“ der Sirenen weiterhin zu hören und brachte Elektror in der Bevölkerung den Spitznamen „Sirenen-Müller“ ein.

Wissenswertes über das Werk Waghäusel, Stadtteil Kirrlach

Anfang August 1942 kam die Firma Elektror-Motorenbau nach Kirrlach und mietete in der Kornauer Straße 35 eine leerstehende Zigarrenfabrik.

Die Firma war die erste metallverarbeitende Fabrik am Ort, fertigte und reparierte Elektromotoren sowie Elektrogebläse. Diese wurden hauptsächlich für die Bunkerbelüftung während des Krieges eingesetzt.

Im Oktober 1942 kaufte der Inhaber Karl W. Müller das Patent der Luftschutzsirene Typ LS 37 von Dr. Ing. W. Setzepfand aus Berlin, der ab diesem Zeitpunkt auch Werksleiter in Kirrlach war.

Elektror wurde sowohl in Esslingen wie auch in Kirrlach „Sirenen Müller“ genannt.

Produktübersicht Sirenen, 1940er Jahre

Die verantwortlichen Mitarbeiter der 1. Stunde

Dr. Ing. W. Setzepfand – Werksleiter (1942–1945)
Ing. Völlnagel – stv. Werksleitung (bis 1944)
Albert Zabler – Elektro Wickelmeister (ab 1943)
Edelbert Müller – Meister, Dreherei (1942–1956)
Albert Day – stv. Drehermeister (1943–1944)
Karl Merz – Technischer Leiter (1944–1945)
Ing. Wilhelm Fleck – Technischer Leiter (1945–1946)
Rudi Pommer – Werksleitung (1945–1964)
Herr Haussmann – Technischer Leiter (1946–1948)
Karl Merz – Technischer Leiter (1948–1969)

Erster Lehrling

Albrecht Heiler,
ab 2. November 1942 als technischer Zeichner. Im Dezember 1945 Umschreibung als Werkzeugmacher.

Bei allen Herausforderungen, Entbehrungen und Sorgen der Kriegsjahre erlebt Karl W. Müller auch Gutes. In Margarete Bull findet er seine große Liebe. Sie arbeitet zu dieser Zeit bei Elektror und durch die enge Zusammenarbeit entstehen Vertrauen und Zuneigung. 1945 treten Karl und Margarete vor den Traualtar.

Am 06.03.1945 heiratet Karl W. Müller Margarete Bull in Hohengehren.
Firmenweihnachtsfeier 1947
Karl W. Müller bei seiner Lieblingsbeschäftigung.

Elektror nutzt 1945 seine Motorenkompetenz für den Wiederaufbau, indem aus Trümmern und Schrott verschiedenste Motoren repariert werden. Dennoch beschließt Karl W. Müller, den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen und sich weiterhin auf die Produktion von elektrisch angetriebenen Ventilatoren zu konzentrieren.

Eintragung der neuen Gießereiabteilung ins Gewerbeverzeichnis bei der Stadt Mühlacker, 1949
Schmelzofen, ca. 1949
Händische Formabgießung, ca. 1949

Aus diesem Grund wird 1948 eine bestehende Aluminium-Sandgießerei in Mühlacker übernommen. Dies macht Elektror unabhängiger von der nach wie vor schwierigen Materialbeschaffung und legt den Grundstein für den weiteren Ausbau des Produktportfolios. Diesen entscheidenden Wettbewerbsvorteil nutzte Karl W. Müller 1949 und entwickelte die weltweit erste Baureihe von Radialgebläsen aus Aluminiumguss. Mit dieser Entwicklung war die zukünftige Kernkompetenz des Unternehmens definiert: der Dreiklang aus Motor, Gehäuse und Laufrad.

Produktwerbung, ca. 1940
Produktwerbung, ca. 1949
Firmenstempel, um 1948

Unternehmens-
führung in neuen Händen

1950er–1960er Jahre

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